Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Kreistag Aurich, Hilko Gerdes, hat nun folgenden offenen Brief verfasst. Er nimmt am Anfang auf den Vorschlag der IGS-SV bezug, dass der Kreistag Aurich eine Resolution gegen das Turbo-Abi verabschiedet. Im letzten Abschnitt nimmt er auf einen Leserbrief von Steffen Haake bezug. Beide Sachen sind ebenfalls im Block zu finden ist. Sie wurden vor einiger Zeit veröffentlicht (siehe: Ältere Posts).
Offener Brief an
Herrn Steffen Haake, Schülervertreter der IGS Aurich-West
Sehr geehrter Herr Haake, Sie haben uns mit Datum vom 26.März im Auftrage der Schülervertretung der IGS Aurich-West angeschrieben mit der Bitte, im nächsten Kreistag eine Resolution gegen das Abitur nach 12 Jahren auch bei den integrierten Gesamtschulen zu unterstützen. Die CDU/FDP-Gruppe wird eine solche Resolution auf gar keinen Fall unterstützen. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass es keine ausreichenden Gründe gibt, für die integrierten Gesamtschulen eine andere Regelung als für die Gymnasien zu treffen.
National und international gesehen ist der Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung nach zwölf Schuljahren Standard, und zwar in allen Schulformen. Deutsche Abiturienten und Abiturientinnen sind im Vergleich zu ihren Altersgenossinnen und Altersgenossen deutlich älter, wenn sie in Studium und Berufsausbildung eintreten. Das hat erhebliche Nachteile für unsere gesamte Volkswirtschaft.
Wegen des Abiturs nach zwölf Jahren wird auch langsam lernenden Schülerinnen und Schülern der Weg zum Abitur nicht verbaut, denn das Abitur nach zwölf Schuljahren gilt schon heute nicht nur an Gymnasien, sondern auch an den Kooperativen Gesamtschulen. Wer aber an der Hauptschule oder an der Realschule die Berechtigung für die gymnasiale Oberstufe erhält, kann das Abitur nach 13 Schuljahren machen.
Auch das integrative Lernen und Unterrichten in der Integrierten Gesamtschule wird durch das frühere Abitur nicht verhindert. Schon jetzt differenziert die integrierte Gesamtschule in Fachleistungskursen auf unterschiedliche Anforderungsniveaus in den Fächern Mathematik, Englisch, Deutsch und Naturwissenschaften sowie im Wahlpflichtunterricht, um auf unterschiedliche Lernstärken und –schwächen einzugehen. Diese Verfahren werden auch beim Abitur nach 12 Jahren genutzt. Auch die Strukturelemente wie z.B. Lernentwicklungsberichte statt Notenzeugnisse in den Schuljahren 5 bis 8, keine Versetzung, sondern Aufrücken in den nächsten höheren Schuljahrgang, Wechsel zwischen den Fachleistungskursen etc. bleiben uneingeschränkt erhalten. Im Gegensatz zu den Gymnasien erhalten die Integrierten Gesamtschulen bekanntlich eine größere Vorlaufzeit, um sich auf das Abitur nach 12 Jahren besser vorbereiten zu können, was auch wir uneingeschränkt für sinnvoll erachten.
Der Sek. I-Abschluss sollte ohnehin in allen Schulformen vergleichbare Voraussetzungen für den Eintritt in den Sek II-Bereich mit dem Abitur aufweisen. Im übrigen haben gerade auch die Vertreter der integrierten Gesamtschulen bei den ersten Diskussionen zum Thema Abitur nach 12 Jahren gefordert, nicht anders behandelt zu werden als die Gymnasien.
Der Vorwurf, die Landesregierung wolle mit dem Abitur nach 12 Jahren die IGS verhindern, ist haltlos. Schließlich hat sie die Neueinrichtung von Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen zum 01.09.2009 zugelassen. Allein 13 neue Gesamtschulen wurden bereits genehmigt und werden ihre Arbeit zum kommenden Schuljahr aufnehmen.
Wenn man annimmt, dass sich in Zukunft manche Eltern nicht mehr wie in der Vergangenheit mit der Begründung für die IGS entscheiden, ihren Kindern mit einer längeren Schulzeit möglicher Weise einen bequemeren Weg zum Abitur zu eröffnen, kann man dem für die grundsätzliche Diskussion keine besondere Relevanz beimessen.
Wir sind der Auffassung, dass das schnellere Abitur, sehen wir einmal von der Umstellungsphase ab, keine Überbeanspruchung unserer Schüler nach sich zieht, schließlich sind unsere Kinder nicht weniger intelligent und leistungsfähig als die in den übrigen europäischen Staaten.
Und wenn unsere Schüler in Zukunft u.U. einen Teil der Zeit, die sie heute im Durchschnitt täglich mit Computerspielen verbringen (über 3 Stunden(!) täglich lt. Statistik der Jugendbeauftragten der Polizei), für zusätzliches Lernen aufbringen müssten, würden wir auch darin per Saldo keinen größeren Nachteil erkennen können.
Einen einzigen Grund für eine längere Schulzeit für Schüler an einer IGS könnten wir uns nach Kenntnisnahme Ihres Leserbriefes in den ON vom 31. März allerdings schon vorstellen, sehr geehrter Herr Haake, wenn wir diesen Brief denn wirklich Ihnen persönlich zuordnen müssen. Denn dann scheinen Sie wirklich einigen Unterricht verpasst zu haben, auf jeden Fall in den Fächern Diplomatie, Bescheidenheit, Höflichkeit und Achtung vor der Meinung des Andersdenkenden. Erwarten Sie tatsächlich, dass jemand eine Landesregierung, von welchen Parteien diese auch immer gestellt wird, mit arroganten und polemischen Unterstellungen und parteipolitischen Angriffen, von denen Ihr Leserbrief ausschließlich lebt, in seinem Sinne beeinflussen kann? Sie haben mit Ihrer Art der politischen Meinungsäußerung ganz sicher allen Bemühungen der Integrierten Gesamtschulen um eine ernsthafte Diskussion ihrer besonderen Anliegen einen Bärendienst erwiesen. Diese können nur hoffen, dass man Ihre Wortmeldung nicht allzu ernst nimmt.
Aurich, den 14.04.2009
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hilko Gerdes
2 Kommentare:
Warum werden all die unverschämten Äußerungen ("Denn dann scheinen Sie wirklich einigen Unterricht verpasst zu haben, auf jeden Fall in den Fächern Diplomatie, Bescheidenheit, Höflichkeit und Achtung vor der Meinung des Andersdenkenden....") nur an eine Person gerichtet?
Wäre der Leserbrief von Anfang an aufmerksam gelesen worden, so hätte man erkennen können, dass dieser Leserbrief nicht nur von Steffen Haake verfasst wurde, sondern von der gesamten Schülervertretung der IGS Aurich-West.
Kommentar veröffentlichen