der Schülervertretung der Integrierten Gesamtschule Aurich-West
zum Artikel „Ministerin: Nicht nur Turbo-Abitur“
(Ostfriesische Nachrichten, 25.03.09, Seite 12)
Vollkommen falsch dargestellt
Es freut uns, die Schülervertretung der Integrierten Gesamtschule Aurich-West, dass sich die Niedersächsische Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) endlich einmal zu Wort meldet und den riesigen niedersachsenweiten Protest von SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen, nicht vollkommen ignoriert.
Was Sie jedoch gesagt hat, freut uns gar nicht. Es wird zwar in der Presse so dargestellt, als sei Frau Neumann doch nicht vollkommen gegen die Integrierten Gesamtschulen und wolle sie gar nicht abschaffen, in Wahrheit bekräftigte Sie ihre Pläne zur Vernichtung dieser Schulform jedoch.
Das System der Gesamtschule sieht bekannter Weise vor, durch ein sehr langes gemeinsames Beschulen die Gemeinschaft der SchülerInnen zu stärken. Die Fachleistungsdifferenzierungen, so wie sie in einigen Fächern momentan an der IGS durchgeführt werden, sollen zwar den einzelnen Fähigkeiten der SchülerInnen gerecht werden, sich jedoch nicht an das veraltete dreigliedrige System anlehnen. Aus diesem Grund gibt es A- und B-Kurse, sowie ein Wahlpflichtkursangebot von z.B. an der IGS Aurich-West über 30 verschiedenen Kursen. Würde man nun zusätzlich auch noch einen C-Kurs einrichten, würde man in ganz genau das gleiche Muster der Dreigliedrigkeit fallen. Man wäre also keine Gesamtschule mehr, sondern nur noch eine Art Schulzentrum, so wie es die so genannten kooperativen Gesamtschulen sind.
Ein weiterer, uns schleierhafter Punkt ist, wie die Ministerin das Turbo-Abi durch das Unterrichten der zweiten Fremdsprache ab dem 6. Jahrgang sichern will. Schließlich wird bei uns an der IGS Aurich-West die schon seit einigen Jahren erfolgreich praktiziert. Uns ist jedoch nicht aufgefallen, dass wir deswegen ein Jahr früher das Abitur machen können.
Die Spitze der arroganten Äußerung der Kultusministerin ist wohl, dass man die SchülerInnen auf zwei Wegen zum Abitur führen solle. Man würde dadurch ja eine absolute Selektion zwischen potenziellen Handwerkern und Akademikern erreichen und damit erneut dem Gemeinschaftssystem der IGS widersprechen. Die SchülerInnen des handwerklichen Wegs zum Abitur wären also Abiturienten zweiter Klasse. Auch dies ist ein Gedanke, den man durchaus im 18. Jahrhundert, zur Zeit der drei Stände hätte haben können, heute jedoch absolut unzeitgemäß ist. Die IGS ist eine moderne zukunftsorientierte Schule, die sich über Klassengesellschaften hinweg setzt.
Des Weiteren wird erwähnt, der akademische Weg zum Abitur solle nur an Gymnasien, der KGS und dem gymnasialen Zweig der IGS eingeführt werden. Dies ist also eine Bestätigung dessen, an der IGS einen gymnasialen Zweig zu errichten. Dies lässt sich nun einmal nicht mit der IGS vereinbaren!
Es ist uns also ein Rätsel, wie die Ministerin bei einem Abitur nach Zwölf den gemeinsamen Unterricht in Fünf und Sechs gewährleisten will. Das geht einfach nicht!
Auch aus den Erfahrungen mit G8 können wir nur lernen, dass das Abi nach Zwölf absoluter Quatsch ist – und nichts Anderes!
Eine weitere Unverschämtheit ist die Forderung Heister-Neumanns, die IGS mindestens fünfzügig laufen zu lassen. So stellt man besonders ländlichen Gemeinden riesige Felsbrocken in den Weg. Dass man dadurch gewährleisten will, an jeder IGS auch eine gym. Oberstufe zu haben, ist nicht nötig: Bei der IGS Aurich-Ost klappt es ja auch gut ohne die Sek. II.
Die absolute Spitze der Arroganz der Macht ist jedoch der Hinweis Elisabeth Heister-Neumanns, man solle an das Thema nicht mit zu großer „Emotionalität“ ran gehen. Selbst die Ministerin sollte doch verstehen, dass man durchaus „emotional“ wird, wenn jemand die eigene Schule zerstören will, und dass noch nicht einmal zugibt!
Steffen Haake
SV