Die Online-Schülerzeitung der IGS Aurich-West


Montag, 21. Januar 2008

WESTPOST-Special

WESTPOST-Special zur Jugendkriminalität

Die WESTPOST hat für ihre Leser diese Woche einen besonderen Leckerbissen:
Ein Special zur von Roland Koch angestoßenen Debatte über JUGENDKRIMINALTÄT.
Dieses Thema ist unserer Meinung nach auch für Schüler und Schülerinnen der IGS-Aurich-West sehr wichtig, weil es natürlich hauptsächlich Jugendliche betrifft.

Die Redaktion der WESTPOST hofft, dass euch die zahlreichen Berichte, Kommentare, Glossen und Interviews gefallen und ihr euch mithilfe der WESTPOST genau über dieses interessante und vor allem höcht aktuelle Thema informieren könnt.

Viel Spaß beim Lesen!


Glosse zum Vorstoß Roland Kochs zur Jugendkriminalität


Mit Koch zurück in die Zukunft!

Bei aller Kritik am hessischen Ministerpräsidenten Koch muss ich jetzt hier einmal festhalten, dass er ja nicht nur den Ausländer als solchen zur Ordnung ruft. Beileibe mitnichten, auch von den Deutschen fordert er eine Rückbesinnung auf traditionelle Werte wie Anstand, Disziplin, Fleiß, Ordnung und Pflichtgefühl. Der wachsende Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft erfordere zudem ein Mehr an Rücksichtnahme: „Die Achtung vor dem Alter muss eine gelebte Tugend sein." Dazu gehöre es, älteren Menschen im Bus den Platz anzubieten oder ihnen beim Tragen der Einkaufstasche zu helfen. Was der laut Umfragen in Bedrängnis geratene super Wahlkämpfer Koch bislang noch nicht gesagt hat, ist, dass sich künftig die Kinder auch wieder anständige Frisuren und die Mädchen längere Röcke zulegen sollen. Außerdem sollten deutsche Jungens nicht weinen, weil ein Indianer keinen Schmerz kennt. Auch bei Rot über die Straße zu gehen, müsste unter Strafe gestellt werden. Und wer beim Essen nicht gerade sitzt oder die Ellenbogen auf dem Tisch hat, gehört ins Erziehungslager. Hat Koch noch nicht vorgeschlagen, kommt aber vermutlich noch.

Steffen Haake

Kommentar zum Vorstoß Roland Kochs zur Jugendkriminalität

Roland Koch ist als Politiker absolut unglaubwürdig, und das seit Anfang an. Meine These, er sei unglaubwürdig, hat er wieder einmal durch seinen Vorstoß, man solle jugendliche Gewalttäter, was seiner Meinung nach hauptsächlich Jugendliche mit Migrationshintergrund wären, mit der „ganzen Härte des Gesetzes“ bestrafen und zusätzlich auch noch die entsprechenden Gesetze verschärfen, bestätigt. Was ihn aber noch unglaubwürdiger macht, ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass er ein so schwieriges Thema, wie die Jugendkriminalität, deren Ursachen, deren Bestrafung und alles was noch dazu gehört, als „Wahlkampfthema Nr.1“ nimmt und es, zusammen mit der Bild-Zeitung, so skrupellos ausschlachtet und dadurch auch noch gefährlichen Ausländerhass schürt. Aus diesem Grund kann ich die Äußerung des Zentralrates der Juden, Koch sei der NPD nahe, voll und ganz unterschreiben. Des Weiteren muss er sich, wenn er während seiner Amtszeit als Hessischer Ministerpräsident ca. 1000 Polizistenstellen und auch noch rund 80 Staatsanwalts- und Richterstellen abbaut, natürlich auch nicht wundern, wenn die Jugendkriminalität wächst, weil sie ja so weniger gut kontrollierbar ist. Dazu kommt, dass er sowohl in Alternativen zur Gefängnisstrafe, wie z.B. Camps, in denen die Jugendlichen „resozialisiert“ werden sollen, oder auch Projekte, in denen straffällige Jugendliche in so genannte Pflegefamilien kommen als auch in die Schulbildung etc. nur sehr wenig oder teilweise auch nicht investiert hat. Und ich denke gerade hier liegt einer der Schlüssel zur Lösung des Problems der Jugendlichen: Im Schulsystem. Meiner Meinung nach wird durch das derzeitige dreigliedrige Schulsystem sehr viel kaputt gemacht. Die Jugendlichen aus den sozialschwachen Familien besuchen meistens die Hauptschule. Hier werden sie mit anderen Jugendlichen zusammen geführt, welche die gleichen Probleme wie sie haben. Doch bei einer solchen Vielzahl von Problemkindern und noch dazu in Zeiten leerer Kassen ist es für die Hauptschule selbstverständlich unmöglich, die Probleme zu lösen. Und somit vergrößern sie sich auch noch erheblich. Die Jugendlichen geraten in einen Teufelskreis: Sie rutschen in kriminelle Kreise, machen keine Ausbildung, werden daher arbeitslos und ihre Kinder dann meist auch – das zeigt die Statistik. Und all dies, der Gefängnisaufenthalt mit Prozess etc., später das Arbeitslosengeld und noch vieles andere kostet dem Staat viel Geld. Dieses Geld könnte meiner Meinung nach gespart oder besser gesagt sinnvoller investiert werden: Man könnte dieses Geld einerseits in die Bildung und andererseits in Alternativen zur Gefängnisstrafe investieren. Durch bessere Bildung, sprich die Abschaffung der Hauptschule und die Einrichtung bzw. den Ausbau einer anderen Schulform, z.B. einer integrierten Schule (IGS), wäre die Wahrscheinlichkeit größer, dass Jugendliche aus sozialschwachen Familien einen besseren Abschluss erlangen, einen Ausbildungsplatz bekommen, schließlich Arbeit finden. Dadurch könnte man sicherlich auch die Kriminalität hauptsächlich unter Jugendlichen vermindern. Die Investition in Alternativen zur Gefängnisstrafe finde ich deshalb sinnvoll, weil erstens einmal ganz allgemein bei der „Bestrafung“ von Jugendlichen, nachdem sie gegen das Gesetz verstoßen haben, die „Erziehung“ und die Resozialisierung der Jugendlichen im Vordergrund stehen sollte und nicht die „Rache“ an ihnen. Allerdings ist es auch klar, dass man Menschen, die eine Bedrohung für andere Menschen darstellen auch so behandeln muss, dass man Andere vor ihnen schützt. In Punkto Erziehungslager bin ich allerdings der Meinung, dass so genannte „Boot-Camps“, wie es sie in den USA gibt, absoluter Quatsch sind. Die Rückfallquote liegt auch hier bei min. 55%, also schon fast so hoch wie die der Deutschen Gefängnisse (ca. 80%). Außerdem sind diese Camps teilweise fast menschenverachtend und absolut auf kranken und übertriebenen Drill ausgelegt. Die Deutschen „Erziehungscamps“ halte ich zwar für ein wenig besser, allerdings finde ich, dass es auch wenig sinnvoll ist, die Jugendlichen wie in einigen Beispielen durch Sport, bzw. Boxen, wieder auf „den richtigen Pfad“ bringen zu wollen. Ich denke nämlich, dass Sport sicherlich den Teamgeist und auch viele andere Dinge absolut fördert, es aber wenig sinnvoll ist, in diesen Camps nur Sport zu machen und nichts was so zu sagen wirklich mit der Realität zu tun hat. Ein anderer Grund dafür, dass ich solche Camps nur bedingt unterstütze ist, dass die Jugendlichen hier keine intakte Familie oder Ähnliches was für sie beispielhaft sein sollte, kennen lernen. Aus diesem Grund halte ich das Konzept der Pflegefamilien für sinnvoller, weil die Jugendlichen hier eben gerade das „vorgelebt“ bekommen, was für sie maßgeblich sein soll: eine intakte Familie. Mein Fazit ist, dass es sicherlich mehrere Möglichkeiten (Bekannte und noch Unbekannte) gibt, um dieses große Problem zu lösen. Und da ist es auch überhaupt nicht schlimm, dass eine absolute Lösung nun mal noch nicht gefunden ist. Wichtig ist nur, dass man darüber diskutiert und debattiert, um gemeinsam zu einer demokratischen und wirksamen Lösung zu kommen. Falsch und absolut verwerflich ist allerdings, dass ein Politiker wie Roland Koch dieses Thema auf so perverse Art und Weise ausnutzt und zum Wahlkampf macht.

Steffen Haake

Jugendkriminalität: Auch eine Politische Frage?

Warnschussarrest statt Kuschelvollzug, Abschiebung, Gefängnisstrafen und Erziehungscamps zur „Resozialisierung“ - so lauten Forderungen aus der CDU/CSU, mit denen die Jugendkriminalität in Deutschland bekämpft werden soll. Ausgelöst wurde die öffentliche Debatte durch den Überfall zweier jugendlicher Serienstraftäter auf einen Rentner auf einem Münchener U-Bahnhof. Die SPD hingegen hält das geltende Jugendstrafrecht für ausreichend und bezweifelt die abschreckende Wirkung härterer Strafandrohungen. Dient die öffentliche Diskussion um die Sicherheit der Bürger gut drei Wochen vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen lediglich als wirksames Mittel zum Stimmenfang? Oder braucht Deutschlands Jugend mehr Härte und Disziplin? Welche Hilfen bekommen jugendliche Straftäter und welche Maßnahmen sind wirkungsvoll?

Roland Koch (CDU), amtierender Hessischer Ministerpräsident, griff dieses Thema auf und machte es zu seinem „Wahlkampfthema Nr.1“. Er sagte mehrfach, dass sich auch Ausländer an klare Regeln zu halten hätten. In Wohnvierteln mit hohem Zuwandereranteil müsse es „klare Spielregeln geben“, heißt es in Kochs Sechs-Punkte-Thesen, die er in der Bild-Zeitung veröffentlichte. Der Unionspolitiker will althergebrachten Tugenden wie Höflichkeit, Fleiß und Pünktlichkeit wieder mehr Geltung verschaffen. Respekt vor Älteren, höfliche Umgangsformen und Erziehung zu Ordnung und Leistungsbereitschaft sollten in Deutschland wieder selbstverständlich werden. Gleichzeitig erneuerte er seinen Vorstoß nach strengen Strafen für junge Gewalttäter. „Lieber drei Tage Gefängnis als Warnschuss für einen jungen Gewalttäter am Anfang, als eine lebenslange kriminelle Karriere“, heißt es in dem Thesenpapier weiter. Fakt ist allerdings auch, dass Koch während seiner Amtszeit als Hessischer Ministerpräsident fast 1000 Polizisten und etliche Richter und Staatsanwälte entlassen, bzw. sie nicht mehr eingestellt hat und auch in z.B. die Bildung oder die Unterstützung von Alternativen zur Haft, wie „Erziehungscamps“, nicht ausreichend investiert hat. Diese Tatsache trug selbstverständlich dazu bei, dass die Gefahr von Jugendkriminalität um ein vielfaches gesteigert wurde. Somit liegt der Verdacht nahe, dass Koch seine Reden etc. nicht ernst gemeint hat, sondern nur als Mittel für seinen Wahlkampf sieht. Aus diesem Grund wurde er auch schon von etlichen Wählern, Parteien, besonders von der SPD, den Grünen und den Linken und teilweise auch schon von seinen eigenen CDU-Parteikollegen harsch angegriffen. Selbst der Zentralrat der Juden hat sich mittlerweile zu Kochs Einstellung geäußert und ihm Nähe zur rechtsradikalen NPD unterstellt. Diese Meinung teilen auch zahlreiche andere Deutsche.

Der bayerische Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein (CSU) sieht die Dinge ähnlich: Er fordert die Verschärfung des Jugendstrafrechts. Im Fall des so genannten U-Bahn-Schlägers aus München sprach er sich für eine rasche Abschiebung aus: „Wer solche Aggressionen hat, der ist nicht in Deutschland integriert. Wer 40 Straftaten begangen hat, mehrfach schwerste Gewalttaten, der verletzt das Gastrecht so sehr, dass er das Land verlassen muss", sagte Beckstein. Der bayerische Ministerpräsident hält deshalb auch eine Änderung des geltenden Assoziationsabkommens mit der Türkei in absehbarer Zeit für notwendig. Das Abkommen schütze so genannte Gastarbeiter und deren Kinder vor der Abschiebung auch bei Straffälligkeit. Beckstein bezeichnete dies als nicht mehr zeitgemäß, da es sich auf einen Status beziehe, der vor 30 Jahren begründet liege.

Dr. jur. Frank-Walter Steinmeier (SPD), Bundesaußenminister und Vizekanzler, sieht in der bloßen Verschärfung des Jugendstrafrechts keine Lösung. „Natürlich bin ich dafür, dass Täter, die Gewalt ausüben, mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden. Darüber darf kein Meinungsunterschied bestehen." Vielmehr verwies der Vizekanzler auf eine konsequentere Anwendung der Gesetze auf Länderebene. Beispielsweise habe auch Hessen keine neuen Polizisten oder Jugendrichter eingestellt. Steinmeier sprach sich für mehr Prävention und Integration aus: „Lasst uns über die Maßnahmen diskutieren, die am ehesten geeignet sind, jugendliche Straftäter davon abzuhalten, eine kriminelle Karriere zu verfolgen. Es gibt viele Möglichkeiten, die die Länder haben, aber nicht nutzen."

Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V., hält eine differenzierte Betrachtung von Straftaten Jugendlicher für notwendig. „Wir sind nicht in einem schlimmen Zustand. Die Jugendkriminalität geht seit zehn Jahren zurück." Pfeiffer sagte, Jugendgewalt sei kein Problem von Jugendlichen ausländischer Herkunft. „Es ist ein soziales, ein Unterschichtenproblem."

P.S.: Bitte schreibt auch ihr eure Meinung als Kommentar nieder!

Was passiert im Gerichtssaal?

Was passiert im Gerichtssaal?

Vielleicht habt ihr euch auch schon mal gefragt, was eigentlich wirklich in einer Gerichtsverhandlung passiert:
Gibt es Unterschiede zwischen Verhandlungen bei Jugendlichen und Erwachsenen?
Wie viel von dem, was im Fernsehen erzählt wird, stimmt auch wirklich?

Tatsächlich stimmt viel, was man im Fernsehen sieht.
Natürlich sind die Fälle dort nicht echt und werden von Schauspielern gespielt, aber im Prinzip verläuft die Gerichtsverhandlung genau so, bis auf die Tatsache, dass keine ungeladenen Zeugen kommen.

Am Anfang der Verhandlung werden alle in den Saal gerufen.
Dann werden die Zeugen belehrt und müssen den Saal verlassen.
Als nächstes wird der Angeklagte nach Name, Alter und Wohnort gefragt, dann folgt seine Belehrung.
Danach wird die Anklageschrift verlesen und der Angeklagte nimmt Stellung zur Anklage. Er kann aber auch die Aussage verweigern.
Dann werden die Zeugen einzeln vernommen.
Nachdem alle Zeugen ausgesagt haben, wird die Beweisaufnahme geschlossen und der Staatsanwalt und der Verteidiger halten ihr Plädoyer, das heißt, dass sie Vorschläge zur Bestrafung des Angeklagten machen.
Danach darf der Angeklagte noch etwas zu seiner Verteidigung sagen.
Nachdem sich das Gericht beraten hat wird das Urteil verkündet.

Die Unterschiede zu einer Gerichtsverhandlung bei einem Erwachsenen sind eigentlich nur, dass die Verhandlung nicht öffentlich ist und das jemand von der Jugendgerichtshilfe (siehe Artikel von Kai) anwesend ist. Außerdem sind die Strafen anders und in einer Schöffensache (also bei einer schweren Straftat) muss ein Schöffe (ehrenamtliche Richter, die nicht ausgebildet sind) männlich und einer weiblich sein.

Maike und Janna